Trendforscher Sven Gabor Janszky beschäftigt sich mit dem Arbeitsmarkt der Zukunft. Seine Prognose: Wir werden uns unsere Aufgaben aussuchen können und ständig den Job wechseln
Herr Janszky, die Angst vor Arbeitslosigkeit hat ganze Generationen geprägt. Warum wird sie in naher Zukunft kein Thema mehr sein?
Das hat demografische Gründe: In den nächsten zehn Jahren gehen die Babyboomer in Rente. Gleichzeitig kommen deutlich kleinere Jahrgänge auf den Arbeitsmarkt. Es wird eine Lücke von bis zu vier Millionen Stellen in Deutschland zu füllen sein. In vielen europäischen Ländern sieht es ähnlich aus. Da wird, entsprechende Qualifikation vorausgesetzt, kaum noch jemand Angst haben müssen, keinen Job zu finden.
Welche Folgen wird die Vollbeschäftigung für den Einzelnen haben?
Die Menschen können unter vielen Jobangeboten das lukrativste wählen. Gut möglich, dass alle paar Monate ein Headhunter anruft. Es wird einen Wettbewerb der Unternehmen nicht nur um die besten Köpfe, sondern auch um normale, gut qualifizierte Mitarbeiter geben. Das wird die Löhne erhöhen, aber auch die Preise. Deutschland könnte sich ähnlich wie die Schweiz entwickeln.
Sie sagen voraus, dass es „fluide“ Unternehmen geben wird. Was kann man sich darunter vorstellen?
Das sind Firmen, die nur einen kleinen festen Mitarbeiterstamm haben und mit vielen Projektarbeitern kooperieren. Sie werden sehr professionell sein in der Akquise und Weitergabe von Fachkräften, die für einzelne Aufgaben angeworben werden. Ist das Projekt beendet, werden die Leute in das nächste vermittelt – auch in andere Unternehmen. Die Firmen tauschen ihre Mitarbeiter je nach Bedarf untereinander aus.
Wird es noch feste Stellen geben?
Durchaus. Die Zahl sinkt allerdings. Wir prognostizieren, dass in zehn Jahren nur noch maximal 40 Prozent der Beschäftigten in klassischen langfristigen Anstellungsverhältnissen arbeiten werden. Die Zahl der Selbstständigen verdoppelt sich auf 20 Prozent. Die restlichen 40 Prozent werden zu Projektarbeitern.
Und welchen Herausforderungen stehen wir noch gegenüber?
Wir werden lernen, dass einmal erworbene Kompetenzen nicht mehr bis zum Lebensende reichen und ständig erweitert werden müssen. Wir müssen uns alle zehn Jahre in einer Bildungsauszeit komplett neues Wissen aneignen, quasi die Festplatte neu hochfahren. Außerdem wird es tendenziell zu wenig hochqualifizierte Menschen geben, aber eben auch exzellente Aufstiegschancen für sehr viele Arbeitnehmer.
Interview: Eva Tenzer