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Vor ein paar Jahren wäre Opas altes Miele-Rad auf dem Sperrmüll gelandet. Mittlerweile hat sich eine Fanszene entwickelt, die solche Gefährte liebevoll aufbereitet – und zu historischen Rennen startet

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Seine Werkstatt in Giesing ist nicht nur Münchner Radfans bekannt. Olafur Druxs (Titelbild) rettet dort alte Schätze und arbeitet sie stilgerecht auf. An den Wochen­enden startet der ehemalige Radrennfahrer selbst zu Touren in die Umgebung

Seine Werkstatt in Giesing ist nicht nur Münchner Radfans bekannt. Olafur Druxs (Titelbild) rettet dort alte Schätze und arbeitet sie stilgerecht auf. An den Wochen­enden startet der ehemalige Radrennfahrer selbst zu Touren. in die Umgebung

Bevor der erste Kunde den winzigen Laden betreten kann, muss Olafur Druxs an diesem Morgen erst einmal ein halbes Dutzend Fahrräder aus der schmalen Eingangstür hinaustragen. Mit dem ölverschmierten Daumen streicht er über die Rahmennummer eines rostigen NSU-Damen­rads, das im Weg steht. „Aus den 30er-Jahren“, sagt der gebürtige Ungar. Dann wuchtet er ein grünes Cinelli-Rennrad von 1957, ein rotes Grandis-Rad aus den 70ern und zwei Koga-Miyata-Renner aus dem Geschäft. „Die hat uns ein Kunde gebracht“, erzählt Druxs. „Er muss sie erst verkaufen, bevor seine Frau ihm etwas Neues erlaubt. Zu Hause steht alles voller Fahrräder.“

Mit seinem Faible ist Druxs’ sammelwütiger Kunde nicht allein. Spätestens seit das Rad bei Großstadt-Hipstern das Auto als Statussymbol abgelöst hat, wächst vielerorts das Interesse an „Vintage-­Bikes“. Für jeden Typ ist etwas dabei: Fans solider Dauerläufer entscheiden sich für das schwarze Vorkriegsrad mit Ledersattel, designaffine Puristen für das italienische Rennrad mit Rahmenschaltung. Das Fahrrad soll etwas Besonderes sein –­ die Gegenthese zum praktischen, doch langweiligen Trekkingrad mit 21 Gängen, Federung und ultrastabilem Gepäckträger für den Kindersitz. Das Fortbewegungsmittel soll Geschichte und Stil haben.

Olafur Druxs hat seine Giesinger Hinterhof-Werkstatt 2011 eröffnet. Die ersten Räder hatte der ehemalige Radrennfahrer noch zu Hause in der Wohnung restauriert. Doch schnell wurde klar, dass er so dem Ansturm der Enthusiasten aus München und Umgebung nicht Herr werden würde. Sie bringen Druxs Stahlrahmen zum Aufarbeiten, suchen Ersatzteile oder lassen das Rad aus Opas Keller durchchecken. Der chaotisch-sympathische Laden ist bis unter die Decke mit Zahnrädern, Felgen und Bremszügen vollgestopft und hat sich längst zum Szenetreff entwickelt. Anfragen nach seltenen Teilen erhält Druxs sogar aus Österreich und der Schweiz. In vielen deutschen Städten bringt der Vintage-Boom Werkstätten und Läden wie den von Druxs hervor. Ihr Angebot reicht von alten Kleppern, die wieder fahrtüchtig gemacht wurden, bis hin zu Sammlerstücken mit verziertem Glockentretlager, die als Designobjekt an die Wohnzimmerwand gehängt werden.[/vc_column_text][/vc_column_inner][/vc_row_inner][vc_column_text]Egal ob das Fahrrad 50 oder 5000 Euro kostet: Häufig interessieren sich die Käufer nicht nur dafür, ihr altes Stück zu fahren – sondern auch selbst in Schuss zu halten. Menschen mit zwei linken Händen können sich beim Einstieg in den Oldtimerkosmos helfen lassen. Zum Beispiel von Christopher Lewis aus München. Er bietet in seinem Laden „Samstag Rad“ Workshops an, in denen Neulinge mit ihm gemeinsam in seiner Werkstatt einen alten Rahmen in ein fahrtüchtiges Rad verwandeln können. An der Wand des hohen Raumes in einem Gründerzentrum hängen Dutzende Varianten zur Auswahl.[/vc_column_text][vc_row_inner][vc_column_inner width=“1/4″][/vc_column_inner][vc_column_inner width=“1/2″][vc_single_image image=“3925″ img_size=“400×200″ alignment=“center“][vc_column_text css=“.vc_custom_1477561191414{padding-top: 10px !important;}“]Bereit für Neues Basis jedes neuen alten Rads von Samstag Rad ist ein Rahmen aus der umfangreichen Sammlung im Firmenlager[/vc_column_text][/vc_column_inner][vc_column_inner width=“1/4″][/vc_column_inner][/vc_row_inner][vc_column_text]„Zu den Kursen kommen vor allem Kreative“, erzählt Lewis. Die meisten haben trotz üppigen Budgets im Fahrradladen nichts gefunden, was ihnen gefällt. Mit ihnen sucht Lewis in seiner Werkstatt alle Einzelteile zusammen, vom Kettenblatt bis zum Bremsgriff. „Wer sein Rad so zusammengestellt und mit allen Details kennengelernt hat, der hat die Seele des Rads erlebt“, sagt Lewis. „Das vergisst man nicht.“

Bei Rädern von Samstag Rad wird Alt mit Neu kombiniert. Viele historische Teile findet Lewis bei Sammlern, Entrümplern oder auf dem Wertstoffhof. Abgebeizte Stahlrahmen kombiniert er mit bunt ummantelten Bremszügen oder neuen Sätteln. Originalgetreue Restauration ist nicht sein Anspruch. Einzigartig sollen die Fahrräder sein. Deswegen erhalten sie nach Fertigstellung auch alle einen Namen und ein individuelles Fotoshooting. „Das ist den Kunden wichtig“, sagt Lewis. „Sie wollen die Fotos teilen und ihr Fahrrad zelebrieren.“[/vc_column_text][vc_single_image image=“3928″ img_size=“700×315″ alignment=“center“][vc_column_text css=“.vc_custom_1477561254172{padding-top: 10px !important;}“]Do it Yourself Bei Samstag Rad helfen Kunden mit, ihr individuelles Gefährt zusammenzubauen[/vc_column_text][vc_column_text]Der Hamburger Senad Serac gehört zu den smarten Fahrradliebhabern, die aus ihrer Leidenschaft ein Geschäft gemacht haben. Er sammelt alte Räder, seit er denken kann. Das erste, ein Dürrkop, fischte er aus der Elbe. Hunderte Rahmen und Einzelteile kamen dazu. Seit diesem Jahr verkauft er die Oldtimer in seinem Ladencafé „Le Vélo“ im Hamburger Szeneviertel Eimsbüttel. Die verkaufsfertigen Stücke hängen an der Wand, die La-Marzocco-Maschine hinter der antiken Ladentheke zaubert feinsten Espresso.

Rad und Tat: Le-Vélo-Gründer Senad Serac hat aus seiner Leidenschaft einen Beruf gemacht

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Serac baut die historischen Rahmen in fahrtüchtige Unikate um. Die Preise gehen bei 1000 Euro los, dafür bekommt seine Kundschaft aus ganz Deutschland viel Handarbeit und ein Gefährt mit einer besonderen Geschichte. Doch Serac verkauft keine Museumsstücke. „Die Räder müssen hundertprozentig super fahren“, sagt er. Seine Oldtimer können sogar mit einer Automatikschaltung ausgestattet werden – wenn der Kunde das denn möchte. Ansehen soll man den betagten Rädern die neue Technik allerdings nicht.

Neueinsteiger sollten sich von ihrem Geschmack leiten lassen: Erlaubt ist, was gefällt. Wer alte Fahrräder als Geldanlage sieht, ist gut beraten, sich auf besonders seltene und gefragte Exemplare zu beschränken. Zu den begehrten Marken zählen unter anderem Wanderer und Adler. Auch alte Rennräder von René Herse oder Cinelli sind in den vergangenen Jahren stark im Preis gestiegen.

Den Run aufs Rad spiegeln Versteigerungen wie die der Embacher-Collection 2015 wider: Der Wiener Architekt Michael Embacher hatte über Jahrzehnte hinweg eine einzigartige Sammlung von mehr als 200 renditeträchtigen Fahrrädern aufgebaut. Etliche Auktionsstücke erzielten ein Vielfaches des aufgerufenen Preises. So wurde zum Beispiel ein Bahnrad des italienischen Herstellers Francesco Moser für 18 750 Euro versteigert, aufgerufen worden waren 2500 Euro.[/vc_column_text][vc_column_text]

Fortbewegungsmittel mit
Geschichte und Stil

Hochräder aus den Anfängen der Zweiradepoche erzielen ebenfalls Höchstpreise – selbst wenn sich nur ein paar Unerschrockene mit diesen Gefährten auf die Straße wagen. Frank Papperitz von den Fahrrad-Veteranen-Freunden Dresden ist vor ein paar Jahren sogar den Spuren eines historischen Rennens folgend auf dem Hochrad von Wien nach Berlin gefahren: 600 Kilometer ohne Luftreifen, Federung und vernünftige Bremsen. „Man muss sehr vorsichtig und vorausschauend fahren“, erzählt Papperitz. „Was gar nicht so leicht ist, wenn man ständig staunende Menschen grüßen muss.“ Der Handelsvertreter aus Pirna ist schon als Kind dem Sammlervirus erlegen. „Man braucht kein Spezialwissen und auch nicht viel Geld – ein Hobby für jedermann“, sagt er. Wobei einige der rund 35 Räder, die er im Schuppen hortet, durchaus fünfstellige Preise erzielen würden.

Ein Hoch aufs Rad: Seit mehr als 100 Jahren sind Hoch­räder aus dem Straßenbild verschwunden. Sammler lieben sie trotzdem

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Jedes Jahr im August trifft Papperitz andere Liebhaber und Sammler auf der Velocipediade – dort kommen Oldtimerfreunde aus ganz Deutschland zum Fahren, Tauschen und Plauschen zusammen. Viele tragen historische Trikots und Schiebermützen oder Zylinder. „Manchmal gibt es auch Wettkämpfe“, so Papperitz. Echte Enthusiasten nehmen Staub und Stürze auf sich, um mit ihren Oldtimern diese Rennen zu gewinnen.

Im Herbst zieht es Fahrradenthusiasten zu Tausenden in die Toskana. Hier findet am ersten ­Oktoberwochenende zum 20. Mal das Kultrennen für alte Rennräder statt. Was die Mille Miglia für historische Rennwagen ist, stellt die Eroica für Vintage-Rennräder dar. Die 3000 Startplätze sind schnell ausgebucht – und die Teilnehmer aus ganz Europa schwärmen von der einmaligen Stimmung auf den Schotterpisten des Chianti. Fahrer in historischen Wolltrikots trinken Rotwein statt Energydrinks und anstelle von Bananenstücken werden den Fahrern an den Raststationen toskanischer Schinken, Weißbrot und Käse gereicht.

Auch Olafur Druxs ist diesmal dabei. Der Münchner geht mit seinem AEM-Rennrad aus den 30er-Jahren an den Start – im zeitgenössischen Outfit.

von Julia Graven


Treten und Buckeln – Wissenswertes für Radfans

Deutsches Fahrradmuseum Bad Brückenau Das private Museum zeigt die umfassendste deutsche Zweirad-Sammlung mit 230 Rädern. Ältestes Exponat ist eine Laufmaschine von 1820, www.deutsches-­fahrradmuseum.de

Historische Fahrräder In dem Verein sind Sammler historischer Fahrräder organisiert, er richtet auch das jährliche Nostalgiker­treffen Velocipediade aus, www.historische-fahrraeder.de

Altesrad.net Onlineforum für Sammler und Fahrer historischer Fahrräder. Gute Informationsquelle für Einsteiger, www.altesrad.net

Buchtipp „Velo 2nd Gear – Bicycle Culture and Style“. Ein Bildband für Leute, bei denen das Fahrrad das Auto als Objekt der Begierde abgelöst hat. Gestalten-Verlag Berlin, 2013, 38 Euro.

Kurven über Kurven: Die vier Eroica-Routen durch die Toskana sind zwischen 46 und 209 Kilometer lang

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