Den besten Kaffee im Land bereitet Erna Tosberg zu. Die zwei­fache deutsche Barista-Meisterin verrät, was eine „gute Tasse Kaffee“ ausmacht

Erna Tosberg, 32, nimmt bei der diesjährigen Barista-WM in Dublin teil

Frau Tosberg, wann haben Sie zum ersten Mal Kaffee getrunken?
Mit 15 Jahren. Meine Eltern tranken immer Direktaufguss: gemahlene Bohnen in die Tasse und heißes Wasser obendrauf. Ich habe damals keine Vorstellung davon gehabt, dass Kaffee anders schmecken kann als einfach nur bitter.

Und wie sind Sie zur Kaffee-Expertin geworden?
Das war ein Quereinstieg. Ich habe in Münster klassische Archäologie studiert und nebenher im Kaffeehaus Roestbar gejobbt. Da konnte ich viel schmecken und lernen. Ich wurde direkt angesteckt mit der Begeisterung für Kaffee. Nach dem Studium wollte ich gern eine Kaffeeschule eröffnen – was ich dann auch getan habe.

Was ist am wichtigsten für eine gute Tasse Kaffee?
Die Bohnen. Im Supermarkt gibt es vorgemahlenen, maschinell geernteten und verarbeiteten Kaffee, der heiß und schnell geröstet wurde. Bei hochwertigem Kaffee werden die reifen Kirschen von Hand gepflückt, sortiert und aufbereitet. Die Früchte werden in der Sonne getrocknet und dreimal täglich gewendet. Nach drei Wochen werden sie schonend geröstet. Da steckt viel Aufwand drin, den man aber natürlich schmeckt.

Welche Sorten empfehlen Sie?
Bei den Sorten Arabica oder Robusta gibt es ein großes Qualitätsspektrum. Je nach Ursprungsland schmeckt Kaffee ganz unterschiedlich: Boden und Klima spielen eine große Rolle. Und selbst bei Kaffee aus einer Region fällt jede Ernte anders aus. Die Unterschiede muss man sich erschmecken, ähnlich wie bei Wein. Bei Verkostungen schlürft man den Direktaufguss vom Löffel und kann gut mehrere Geschmäcker nebeneinander probieren.

Was muss man für ordentlichen Kaffee ausgeben?
Mindestens 20 Euro pro Kilo, wobei ein hoher Preis keine Garantie für gute Ware ist. Andersherum weiß man bestimmt, dass ein Päckchen für 6 Euro keinesfalls hochwertig sein kann. Je mehr Infos man über Herkunft und Verarbeitung bekommt, desto besser. Außerdem ist die richtige Lagerung wichtig.

Nämlich wo?
Bitte nicht im Kühlschrank in einer halb geöffneten Packung. Kaffee nimmt leicht fremde Aromen auf, und am Ende schmeckt er nach Wurst und Käse. Am besten verpacken Sie kleine Mengen luftdicht und lagern sie dunkel. Steht der Kaffee im Kalten, sollte er sich vor der Zubereitung erst einmal an die Raumtemperatur anpassen.

Worauf sollte man bei der Zubereitung achten?
In jedem Fall braucht man eine vernünftige Mühle. Das Mahlen ist der erste Schritt der Zubereitung. Wenn man das nicht richtig macht, kann man den schönsten Kaffee haben, und der schmeckt am Ende doch bitter. Ordentliche Handmühlen gibt es schon ab 30 Euro.

Und wie stelle ich sie richtig ein?
Wenn ich eine Stempelkanne benutze, sollte der Mahlgrad grob sein. Das Pulver sieht dann aus wie brauner Zucker. Bei Kaffee, der mit Papierfilter zubereitet wird, darf es gern etwas feiner sein. Man muss ein bisschen herumprobieren, weil jeder Kaffee eine andere Dichte hat.

Reicht für die Zubereitung Leitungs­wasser?
Je nachdem wo man wohnt, sollte das Wasser gefiltert werden, damit es nicht zu hart ist. Sonst verkalkt der Kessel. Der pH-Wert ist ebenfalls wichtig, er sollte nicht im sauren Bereich liegen. Man kann auch Magnesium hinzugeben, das wirkt als Geschmacksverstärker. Mineralwasser dagegen eignet sich nicht, es enthält zu viele Mineralstoffe.

Haben Sie einen Tipp für die Herstellung des perfekten Milchschaums?
Für Cappuccino nehme ich frische Vollmilch mit einer leichten Süße, die mit dem Espresso harmoniert. Vor allem kommt es darauf an, dass man mit dem Aufschäumer richtig umgeht. Mit feinporigem Schaum kann man hübsche Muster machen.

Wie trinken Sie Ihren Kaffee am liebsten?
Aufgebrüht. Und schwarz.

Ganz normalen Filterkaffee wie früher bei Oma?
Ja, zu Hause mache ich mir meist handgebrühten Kaffee. Ich mahle die Bohnen, wiege das Mehl ab und messe vor dem Aufgießen die Wassertemperatur. Ideal sind 92 bis 98 Grad. Zum Frühstück trinke ich auch mal einen Cappuccino.

Wie haben Sie es geschafft, die deutsche Meisterschaft zweimal für sich zu entscheiden?
Ich hatte 15 Minuten Zeit, um mehrere Getränke zu präsentieren: einen Kaffee, vier Espressi, vier Milchgetränke und eine Eigenkreation. Vier sensorische Juroren probierten alles, zwei technische Juroren guckten mir auf die Finger und dann gab es noch den Chef-Schiedsrichter. Ich dachte, dort mitzumachen könnte für mich als Trainerin eine gute Erfahrung sein. Und dann habe ich direkt gewonnen.

Laufen Sie in Ihrem Beruf nicht Gefahr, zu viel Kaffee zu sich zu nehmen?
Ich beschränke mich auf zwei bis drei Tassen pro Tag: Selbst wenn man gesund ist, sollte man nicht zu viel Kaffee trinken. Lieber eine gute Tasse als zwei Liter Billigkaffee.

Von Michaela Gerganoff


Ein ganztägiger Barista-Grundkurs bei Erna Tosberg kostet 195 Euro. Weitere Informationen: www.kaffeeschule-muenster.de