Dr. Felix Müller, Direktor Produktmanagement Investment bei Swiss Life Deutschland, über die Folgen der Niedrigzinsen

 

Warum treffen die Niedrigzinsen Privatanleger besonders stark?
Zum einen gibt es keinen sicheren Festzins mehr. Zum anderen wirkt der Zinseszinseffekt kaum noch, der das Vermögen langfristig besonders stark wachsen lässt. Das macht sich vor allem bei der Altersvorsorge bemerkbar. Anleger müssen sich stärker als bisher mit der Geldanlage beschäftigen, da es keine Einheitslösung gibt, die allen Vorlieben und Plänen gerecht wird.

Wie kann ich heute überhaupt noch eine akzeptable Rendite erzielen?
Anleger sollten sich fragen: Muss das gesamte Ersparte wirklich risikolos angelegt werden – wenn die Inflation die Minizinsen auffrisst? In Deutschland sind insgesamt 2 Billionen Euro fest­verzinslich angelegt und werfen so gut wie keine Rendite ab. Für die langfristige Vorsorge ist das nicht klug.

Sollten Anleger in diesen Zeiten Anleihen am besten ganz meiden?
Wenn Sie nach deutschen Staatsanleihen fragen – ja. Für die müssen Anleger zum Teil schon Geld mitbringen. Es gibt zwar höher verzinste Papiere, die mit höheren Risiken einhergehen. Die Frage ist aber: Kann ein Privatkunde eine gute Anlage von einer schlechten unterscheiden?

Und, kann er?
Das ist im aktuellen Marktumfeld sehr schwer. Vorsicht ist geboten, wenn eine Verzinsung zugesagt wird, die deutlich über dem Marktzins liegt, ohne dass ein Grund dafür offensichtlich ist.

Ist die gute alte Lebensversicherung überhaupt noch zeitgemäß?
Wenn es um das Absichern biometrischer Risiken geht, etwa Berufsunfähigkeit oder Langlebigkeit, braucht man sie nach wie vor. Nur eine Versicherung kann eine Rente lebenslang zahlen – auch über viele Jahre. Zudem leistet sie je nach Tarif auch dann, wenn ein Kunde vor Erreichen des Rentenalters gesundheitsbedingt nicht mehr arbeiten kann. Allerdings muss es nicht immer eine Police mit Zinsgarantie sein. Moderne Altersvorsorgeprodukte mit nachweislich guten vermögensverwaltenden und aktienbasierten Ansätzen sind vor allem für junge Leute eine gute Alternative: Bei einem Anlagehorizont von 30, 40 oder vielleicht künftig sogar 50 Jahren kann manche Krise an den Kapitalmärkten einfach ausgesessen werden.

Aktuellen Zahlen der Bundesbank zufolge haben die Deutschen ihre Scheu vor Aktien zuletzt etwas abgelegt. Sollten wir uns noch stärker auf die Börse stürzen?
Es wäre schön, wenn es so einfach wäre. Viele Anlageklassen sind derzeit hoch bewertet, ob es nun Aktien, Immobilien oder festver­zinsliche Wertpapiere sind. Wir erleben ein Marktumfeld, das bisher historisch einmalig ist. Die Notenbanken drücken das Zinsniveau künstlich in Richtung null oder darunter, und das kann noch eine ganze Weile anhalten. Heißt: Umdenken ist angesagt, denn Abwarten schließt die Altersvorsorge-Lücke nicht!

Spricht das Marktumfeld nun für Aktien oder nicht?
Will man sein Geld länger als 15 Jahre anlegen, sind Aktien und Aktienfonds eine gute Wahl. Statistisch gesehen haben Anleger mit weltweit gestreuten guten Aktienfonds über diesen Zeitraum noch nie Verluste erlitten. Man muss allerdings über einige Monate oder Jahre Kursrückgänge aushalten können. Wenn mir das als Anleger klar ist, spricht langfristig vieles für Sparpläne auf Aktienfondsbasis – gerade für sehr langfristig orientierte Sparer.

Gibt es jenseits der global gestreuten Fonds Exotischeres, das in Betracht kommt?
Für manche Anleger kommen Wachstumsmärkte infrage. Langfristig legen Schwellenländer und sogenannte Grenzmärkte besonders stark zu – das sind jene Volkswirtschaften, die kurz davor sind, zum Schwellenland aufzusteigen. Auch das Thema Nachhaltigkeit und Energie ist interessant, denn wir stehen vor einer Trendwende weg von den fossilen Brennstoffen. Andere Wachstumsthemen sind beispielsweise moderne Wassertechnologien für eine wachsende Bevölkerung oder der Einzug von Robotern in unseren Alltag.

Sie empfehlen, jetzt einzusteigen, obwohl die Kurse schon recht hoch scheinen?
Nichtstun ist jedenfalls keine Alternative. Bewusst moderate Risiken einzugehen – je nach Kundentyp und Anlagehorizont – ist das Gebot der Stunde. Dabei ist es wichtig, die Risiken breit zu streu­­­en und nur Produkte zu kaufen, die man auch versteht und die einen soliden Prüfprozess durchlaufen haben. Am besten trifft man die Auswahl gemeinsam mit einem ausgebildeten Berater.

Interview: Melanie Kegel


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